Eine kuriose Veränderungen bei Frauen, die Mamas werden oder geworden sind, ist, dass sie meist viel emotionaler sind als vorher. Was ich bereits bei meiner Schwester erlebt habe, begegnet mir bei den Mamas in unserem Freundeskreis oder bei mir selbst. Banalste Sachen über die man früher hinweggesehen hätte können plötzlich ein Tränenmeer hervorbringen, was seines Gleichen sucht. Besonders Filme, Geschichten, Artikel mit oder über Kinder gehen einem deutlich stärker ans Herz als gewohnt, weil natürlich das eigene kleine Wesen stets um einen herumwirbelt.
Unsere Suche nach einem Krippenplatz war für wenige Wochen im Frühjahr dieses Jahres wirklich stressig. Der Umzug, die Suche nach guten Einrichtungen, diverse Anmeldungen und noch mehr Absagen gehörten zum Alltag.
Mitte Mai kam die erste Bestätigung, dass man einen Platz für uns hätte, allerdings bereits in
zwei Wochen. Ich sah sofort rot. Nicht nur, dass Arthur tagsüber noch gestillt wurde, nein, es der Abschied sollte immerhin in wenigen TAGEN passieren. Also sagte ich schnell ab, in der Hoffnung noch einen anderen Platz zu ergattern. Schließlich bekamen für fünf weitere Zusagen und konnten die dicke Qualle in unserer favorisierten Krippe anmelden. Damals sagte ich mir, dass mir die zwei Wochen viel zu knapp wären und ich mich bis September in Ruhe an den Gedanken gewöhnen würde, ihn abzugeben.
Inzwischen ist es fast soweit. Nur noch wenige Wochen trennen uns von der Eingewöhnung und ich werde zunehmend wankelmütiger. Mein Kopf freut sich auf die Krippe und weiß wie wichtig sie für ihn ist aber mein Herz ist ganz anderer Meinung. Während der letzten Monate habe ich gemerkt, dass ich mit unserem kleinen perpetuum mobile langsam an meine Grenzen stoße. Natürlich sind wir jeden Tag unterwegs, spielen und entdecken aber es fehlt ihm neuer Input. Die Wohnung hat er schon tausendmal abgelaufen, unsere Picknickplätze und sein Spielzeug sind ein alter Hut. Außerdem interessieren ihn zunehmend andere Kinder und die kann ich ihm nur begrenzt, durch das Treffen mit den anderen Mamas, bieten. In der Krippe allerdings kann er so viel Neues lernen: Er kann sich von den Größeren Bewegungen abschauen, wird üben müssen Rücksicht auf andere zu nehmen, wird auf Entdeckungsreise gehen und seine ersten Freundschaften knüpfen.
Andererseits wird mir auch schmerzlich bewusst, dass ich anfange mein kleines Baby zu verlieren. Seine Selbstständigkeit ist jetzt schon so weit fortgeschritten, dass ich ihn oft alleine spielen lassen kann, ohne Angst haben zu müssen, dass er sich wehtut. Im Gegenteil, meist ist er beim Erkunden sehr bedächtig und wenn es doch einmal knallt, steckt er es tapfer weg. In diesen zehn Monaten in denen ich ihn nun kenne habe ich so viel mit ihm erlebt: Sein erstes Trinken, erstes Kuscheln, die erste volle Windel, die erste schlaflose Nacht, das erste Durchschlafen, das erste Lachen, das erste Greifen, Drehen, Robben, Krabbeln, Stehen, das erste Gebrabbel, die erste Beule, der erste Zahn und vieles mehr. Doch ich weiß genau, dass ich all seine nun folgenden Entwicklungen ab jetzt nur noch nebenbei erfahren werde. Ich werde nicht mehr diejenige sein, die seine ersten Schritte, seine ersten echten Worte hört. Ich werde nicht diejenige sein, die die Hauptzeit seines Tages mit ihm verbringt, weil ich ihn nur eine Stunde nach der Arbeit sehen werde, bevor er zu Bett geht. Dieses Gefühl, ihn zu verlieren, ihn nicht mehr richtig zu kennen, tut einfach unendlich weh und das hätte ich mir vorher nie träumen lassen.
Was nun? Ich warte einfach ab was die Zeit bringt und wenn ich mir vorstelle, dass ich ihn von der Krippe abhole und er mir freudestrahlend von seinem Tag erzählt, dann fühle ich mich schon ein wenig besser und weiß, dass es die richtige Entscheidung ist.