An den Tagen der Eingewöhnung versuchte ich Arthur so gut wie möglich seinen "Freiraum" zu geben, also ihn zu ignorieren. Ich verkrümelte mich ans andere Ende des Zimmers und beobachtete ihn heimlich, damit er nicht von mir abgelenkt werden würde und sich auf die neuen Erzieher und Kinder konzentrieren konnte.

Das Ende vom Lied war aber, dass ich jeden Tag da saß und die anderen zehn Kinder nacheinander auf mir herumrutschten. Natürlich machte es Riesenspaß mit den Kleinen zu spielen, zu lesen oder zu malen aber ich hatte Arthur gegenüber ein schlechtes Gewissen. Gott sei Dank waren sie aber so agil, dass ich kaum Zeit hatte mir darüber Gedanken zu machen und wenn es der dicken Qualle zu viel wurde, kam er kurz vorbei, holte sich einen dicken, feuchten Knutscher ab und watschelte wieder los. Er war ja jetzt schon selbstständig und konnte auf sich alleine aufpassen.

In
diesen wenigen Tagen lernte ich also die verschiedensten Charaktere der Gruppe kennen. Da war der Älteste, immer ein grimmiges Gesicht, sehr schüchtern aber sobald man ihn kitzelte taute er sofort auf und fing laut an zu lachen. Dann war da die schüchterne aber sehr kluge Puppenliebhaberin, für die ich ständig Babysitterin spielte. Dann gab es die Oberzicke, die stolpert und heulend zu allen drei Erzieherinnen rennt und sagt, dass sie jemand vor den Tisch geschubst hätte (?!). Weiter gab es noch die Quirlige, die von allen geliebt wird, auch wenn sie noch nicht sprechen kann, und ihre Zuneigung durch Lachen und Rumrennen zeigt. Dann haben wir den Heuler, der immer ewig braucht, bis er sich in die Gruppendynamik eingefühlt hat. Weiter geht es mit der Wunderschönen, die ruhig mit den Erzieherinnen spielt. Dann die Rabaukin, die jedem das Spielzeug klaut aber ich doch irgendwie in mein Herz geschlossen habe. Die Eine, die ständig neue Plüschtiere mitbringt, die sie auf einem Jahrmarkt gewonnen hat und ihr Brot jeden Morgen zum Müsli verarbeitet. Der Eine, den Arthur liebt und mit dem er ständig spielen möchte, was er aber blöd findet und lieber mit mir spielt (ungünstige Dreiecksbeziehung). Und schließlich das Mädchen was zusammen mit Arthur eingewöhnt wird und als Entschädigung für den gestohlenen Puppenwagen gerne Küsschen verteilt.

Besonders interessant für mich ist dabei zu sehen wie unterschiedlich und doch gleich alle sind. Erst wunderte ich mich, warum Einige schon so gut sprechen können, bis ich feststellte, dass die Anderen auch so weit sind, nur meist zu schüchtern in der Gruppe etwas laut zu sagen. Auch schienen sie am Anfang alle für sich alleine zu spielen und erst nach einigen Tagen fiel mir auf, dass es doch ein sehr harmonisches, aufeinander eingespieltes Team ist, was gemeinsam „Frühstück“ für die Erwachsenen kocht oder sich an den Tisch setzt und malt.

Bald wird Arthuro so weit sein, dass er die Stifte nicht mehr nur abschleckt und mit den anderen malen kann. Wenn es soweit ist braucht er garnichts zu sagen, denn das sehe ich wenn ich ihn abhole und mal keine blauen oder orangenen Striche quer verteilt in seinem Gesicht sehe. Darauf freue ich mich schon sehr, obwohl, eigentlich stehen sie ihm ganz gut.

 


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