In letzter Zeit beobachte ich an Arthuro Wesenszüge, die mir vorher nicht klar waren. Da ich, und nicht mein Mann, Elternzeit genommen habe war ich lange Zeit seine Bezugsperson Nummer Eins. Das hat er sich aber gerade in großer Runde kaum anmerken lassen. Im Gegenteil. Das Kind war überall nur nicht bei mir. Er bekletterte Freunde, Verwandte und nahm bzw. nimmt beim Picknicken regelmäßig reißaus um mit vollkommen Fremden Freundschaft zu schließen.

Doch immer öfter erwische ich ihn, dass er mich ganz merkwürdig anschaut wenn ich mich einer anderen Person verstärkt zuwende. Egal ob ich meinen Mann kuschel oder Kinder von Freunden auf dem Arm habe, immer beobachtet er mit ernsten Augen und reglosem Mund die Szene. Manchmal kann ich ihm ein Lächeln entlocken, indem ich ihm zurufe, winke oder lache aber das klappt leider nicht immer.

Heute habe ich dann etwas kurioses erlebt. Wie so oft stand das Baby einer Freundin an meinem Arm und hielt sich an mir fest. Obwohl Arthur nur einen Meter daneben saß, reichte die Distanz aus um es in ihm brodeln zu lassen. Er war EIFERSÜCHTIG! Aber anstelle zu mir zu kommen, sich streicheln zu lassen oder zu meckern, wandte er eine ganz geschickte Taktik an: Er ließ mich kommen. Kurz hintereinander machte er Sachen, bei denen er ganz genau weiß, dass ich dann zu ihm komme. Erst öffnete er eine Lasche seines Schuhs, die ich wieder verschloss. Dann zog er ihn sich ganz aus und hielt ihn mir hin, worauf ich ihm ihn wieder überstülpte. Weil der andere Junge währenddessen aber immernoch keine Anzeichen machte von mir zu weichen, tat er etwas über das ich wirklich sauer wurde: Er krabbelte direkt auf die Straße zu.

Diese Straße ist seit einigen Wochen Streitthema zwischen dem kleinen Wurm und mir. Er weiß, dass er da nicht hinkrabbeln darf, schon garnicht darüber! Allerdings will er laufen, laufen, laufen und das klappt auf der ebenerdigen Straße eben besser als auf der huckligen Wiese, besonders wenn er Schuhe trägt. Also watschelt er immer wieder zur Straße, stoppt, dreht sich um und wartet auf mich, da er weiß, dass ich kommen werde um mit ihm zusammen ein paar Runden zu drehen. Manchmal rennt er beim Fangenspielen auch direkt auf den Rand zu und lässt sich auch durch ein lautes „STOP“ nicht aufhalten, bis ich ihn fange aber das ist inzwischen zur Seltenheit geworden.

Natürlich weiß er nicht, dass die Straße für ihn Gefahr bedeutet. Aber er kennt die Gegend bestens und weiß über unser kleines Ritual des Wartens Bescheid. Inzwischen hat er auch ein Alter erreicht, bei dem man nicht mehr sagen kann, dass er plötzlich Sachen wieder vergisst. Außerdem sprach sein Blick bevor er sich heute losmachte Bände. Er hat sich bewusst dafür entschieden etwas zu tun, was ich nicht will, um meine Aufmerksamkeit zu bekommen. Das ist doch Mist! Mein Mann tröstete mich und meinte, dass sich das ändert, wenn er sich artikulieren kann. Das hoffe ich, denn sonst mache ich mir wirklich Sorgen was er sich noch einfallen lässt, um seinen Willen durchzusetzen. Zumal es ihm an Aufmerksamkeit eigentlich nicht fehlt…

 


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