Wer die Welt begreifen will, braucht nur einem Kind beim Aufwachsen zuzusehen. Denn alles was um uns herum passiert, alle Geschehnisse, alle Konflikte, lassen sich auf das Urwesen „Mensch“ zurückführen. Wie ich zu dieser philosophischen Erkenntnis kam? Ein eher grusliges Ereignis führte mich dazu:

Eigentlich war es ein Morgen wie jeder andere auch: Arthur stand 6:25 Uhr im Bett und rief laut: „Papa, Papa, ...“, um endlich von der Dunkelheit der Rollos befreit zu werden. Er spielte, aß seine Frühstücksbanane, meckerte übers Anziehen, hüpfte im Fahrradsitz und lies sich uuunnneennndddlich lange Bitten, bis er die Treppen der Krippe erklomm.

Endlich in der Garderobe angekommen, umrundeten uns plötzlich drei Kinder auf ihren tierischen Kinder-Wheelies. Sternenförmig kreisten sie uns ein, beäugten uns durchdringend mit ihren großen, gläsernen Augen und rutschen drohend auf ihren Fuhrwerken vor und zurück, vor und zurück ... Ihre kleinen fiesen Kinderaugen schienen mich förmlich aufzufressen und mir mit ihren Mini-Zornesfalten zu diktieren: „Los, Arthurs Mama!“, „Genau, mach hin!“, „Beeil dich, unsere Gang braucht sein viertes Mitglied!“

Ich war wie gelähmt, verhaspelte mich beim Ausziehen, alles schien Stunden zu dauern. Natürlich klemmte in diesem Moment der Reißverschluss, klebte die Hose an seiner dicken Windel und als wäre das nicht genug, lagen seine Hausschuhe ausgerechnet hinter dem Blutrünstigsten der drei Biker! Als es endlich geschafft war, erhielt ich nur eine einzige Geste von meinem Sohn: Einen lässig-provokanten Fingerzeig zum Marienkäfer – dem letzten Bug Wheely – auf dem Regal!

Nachdem ich auch dieses Diktat mit überspielter Coolness erfolgreich hinter mich gebracht hatte, düsten die Rocker in einer Linie davon. Und ich sage euch, die Hells Angels hätten auf den Bienen und Marienkäfern nicht weniger bedrohlich, angsteinflößend gewirkt wie diese vier Minis! Wir sehen also, das selbst der Zusammenschluss "rüpelhafter Jungs" zu "gefährlichen Gangs" ein ganz natürlicher Vorgang ist: quod erat demonstrandum!

 


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