Ich erinnere mich nur an wenige Szenen aus meiner Kindheit. Aber die, die mir im Gedächtnis geblieben sind, sind meist sehr emotionsbeladen. So auch zwei Szenen wie ich alleine und verloren in unserer alten Gartenanlage und am Nordseestrand stehe und nicht wieder zurückfinde. Meine Eltern haben so oft erzählt, dass ich einfach losgelaufen bin, gedankenverloren immer weiter, bis ich mich verlaufen habe. Und spätestens an dieser Stelle kann ich meine Gene in Arthur nicht verleugnen, denn auch er ist ein kleiner Ausreißer.

Egal wo wir sind, irgendwann beschließt er sich einfach vom Acker zu machen. Schon als er gerade die ersten Meter krabbeln konnte hat er sich einfach von der Picknickdecke gestohlen und andere Leute auf dem Rasen besucht. Hier ein bisschen Essen geschnurrt, da ein bisschen geflirtet, bis Mama kam und ihn wieder eingesackt hat.

Inzwischen ist es schwieriger geworden, weil er viel schneller unterwegs ist. Ohne ein Wort tigert er los, immer und immer weiter, die Welt zu erkunden. Alles Rufen hilft nichts, Arthuro schaltet auf taub und dackelt immer weiter. Meistens trabe ich dann im gewissen Abstand hinter ihm her und beobachte ihn. Anfangs hatte ich die Hoffnung, dass er sich irgendwann umdrehen, nach mir suchen und zurückkommen würde aber Fehlanzeige. Er läuft und läuft und läuft. Letztens beim Baden blieb er mit großen Augen vor einem Pärchen mit Obstschale stehen. Das Ende vom Lied war, dass sie seinen fragenden oder vielmehr fordernden Blick auf noch mit Erdbeeren belohnt haben. Beim Thema Essen kennt Arthur ja bekanntlich nichts!

Einen richtigen Schrecken bekam ich, als wir bei einem Musikfestival waren. Er und unsere süße Freundin Paula spielen vergnügt im Sandkasten, bis er einfach verschwindet. Schnell lief ich eine Runde um das Holzhaus und da war er! Glück gehabt! Doch einige Minuten war er wieder weg und diesmal richtig! Ich wollte ihm gerade ein Taschentuch für seine Eishände rausholen und er war fort. Wieder ging ich Richtung Holzhaus aber keiner da. Mein Herz begann heftig zu schlagen, ich bekam richtig Panik und je länger ich rannte und suchte, desto stärker schossen mir die Tränen in die Augen. Und endlich rief Paulas Mama: „Da ist er!“ Wie immer wanderte er seelenruhig zwischen den Menschenmassen vorbei, blieb hier bei einer Bühne stehen, schaute sich da ein paar Musiker an und war tiefenentspannt. Wieder verfolgte ich ihn eine Weile und wieder schien der Rückweg das letzte zu sein an was er dachte. Nach einer halben Stunde sackte ich ihn ein...

Nur einmal hat er sich auf einer seiner Reisen umgedreht und mich gesucht. Da stand ich direkt vor ihm und er hat mich nicht gesehen. Das heißt, selbst wenn er zurücklaufen wollen würde, wüsste er gar nicht wohin, weil er sein Ziel in der Masse an Eindrücken nicht wahrnehmen kann. Da freue ich mich doch auf unseren Urlaub am überfüllten Strand!

 


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